Die Zeiten sind vorbei

Ja, so sehe ich das auch.

Trotzdem ist es für mich schöner, wenn ich mich diesen Satz selbst sagen höre.

Habe ich aber nicht, und seitdem rotiert das schöne Motto Was stört ´n das ´n Baum, wenn sich ´ne Sau dran kratzt? wie ein Mantra durch meinen Kopf. Unschön unterbrochen natürlich von Die Zeiten sind vorbei.

Und eigentlich hatte ich mich auch schon längst wieder beruhigt, aber ich habe heute Heidi in einem unserer drei Telefonate des Tages davon erzählt. Davon, dass ich gestern versehentlich den Elektrolurch am Telefon hatte. Zuerst ging es noch, da hat er noch gefragt, wie es mir geht, und ich erzählte ganz beseelt von dem Moment am Tage davor, in dem mich eine Kollegin auf zarte siebenunddreißig geschätzt hat (ich mochte sie schon immer), da fragte er noch ganz entsetzt Was, sooo alt?!

So ein Blödmann – siebenunddreißig ist doch super!

Aber wie das Gehirn des Lurches nunmal aufgebaut ist, hat er diese kleine Charmeoffensive, die er so mühsam mit den Händen aufgebaut hat, kurz darauf gleich wieder mit dem Arsch eingerissen. Als ich nämlich recht unschlüssig war, wie ich die Unterhaltung nun schnell wieder beenden könnte, sagte der doch mitten ins Schweigen hinein Ich will jetzt kein längeres Gespräch mit Dir anfangen, die Zeiten sind vorbei.

Ich habe dann nur ja gesagt. Anstatt zum Beispiel Und Gott sagte Gottseidank… Und dann eben Tschüss.

Mitten im Satz. Irgendwas hat er zwar noch gesagt, aber da lag mein Finger schon recht deutlich auf der roten Taste.

Jedenfalls fand Heidi das ganz entsetzlich, schöner kann man einem Menschen ja fast nicht sagen, dass man fertig mit ihm ist. Und jetzt bin ich so stinksauer, dass es mir richtig gut geht damit. Ich bin hier, um mal bei meinem liebsten Gleichnis aus Zeile drei bis vier zu bleiben, für mich eindeutig der Baum. Zumal der Herr Kollege sich mir gegenüber ja benimmt, als hätte ich ihm was getan. Und nicht er mir. Aber ich bin die Irre. Klar! Also, auf die Diagnose kann ich echt verzichten.

Und überhaupt hatte ich bislang gar keine Zeit, mich abschließend darüber aufzuregen, weil ich gestern mein Paket verfolgen musste. Laut Auskunft im Internet habe ich nämlich eines entgegengenommen. Keine Ahnung, wie der Paketbote mir ein Paket in Friedrichshain übergeben konnte, wenn ich gleichzeitig in Schöneberg war. So lange Arme habe ich nicht. Und mein Kind teilte mir ebenfalls per WhatsApp mit, dass es sich nicht für mich ausgegeben hat.

Es stellte sich heraus, dass es mein Briefkasten war, der da mit mir verwechselt wurde.

Und dann packte ich die Ware aus, hielt sie vor mich hin und dachte Die passt aber definitiv!

Zog sie an.

Zu groß.

Um nicht zu sagen viel zu groß.

Oder ich habe Körpermasse eingebüßt, ohne es zu bemerken. Recht unentschlossen ging ich ins Bett, träumte davon, einen glitzernden Kuchen für Brunhilde zu backen, und stand wieder auf. Wenn ich nur vom Backen träume und nicht vom Essen, ist es kein Wunder, dass die Hosen schlackern.

Und es ist auch kein Wunder, wenn man mir einfach eine Größe größer einpackt, als ich bestellt hatte, wie ich heute dann noch feststellen musste.

Ja, und dann hatte ich einen sehr bewegten Morgen mit Internetshopping und meinem PayPalkonto. Ich habe jetzt alle Schritte an die hundertmal wiederholt, jedoch kam ich ums Verrecken nicht weiter. Vielmehr drehten PayPal und ich uns im Kreis. Tanzten einen Reigen durch den Vormittag. Nur, weil ich nicht mit meinen Begehrlichkeiten umgehen kann. Das taten wir so lange, bis sich jemand meiner erbarmte und mir das seine zur Verfügung stellte.

Danach war ich erstmal fertig mit der Welt.

Aber das bin ich dieser Tage ja ganz grundsätzlich.

Auch kein Wunder.

Hinterlasse einen Kommentar