Aber man kommt ja nicht dazu.
Außerdem habe ich ein Schleudertrauma von der Arbeit. Weil ich nicht aus dem Kopfschütteln herauskomme. Aber das ist ja nichts Neues und tut heute auch überhaupt nichts zur Sache.
Nur früh, zwischen neun Uhr und spätestens halb zehn, weiß ich noch, warum ich hingegangen bin. Da kommt immer eins der zwei Eichhörnchen, die sich im Efeu des Hinterhauses häuslich niedergelassen haben, vorbei.
Es kann sehr überzeugend in unser Fenster gucken.
So überzeugend, dass ich letztens dem kapitalistischen Einzelhandel eine Tüte Haselnüsse entrissen habe, um sie stückchenweise auf dem Fensterbrett zu drapieren.
Habe ich ganz glücklich Gesine erzählt.
Sie war zeitgleich ebenfalls einkaufen und hat dabei eine Tüte Walnüsse gefunden. Und so starten wir die Tage mit Naturerlebnissen in der Innenstadt. Das beugt nämlich Stress vor. Zumindest, solange es nicht ins Geld geht. Dann denke ich wahrscheinlich wieder daran, welche Schildbürgereien ich ertragen muss, um an genau dieses Geld zu kommen, und dann weiß ich jetzt gerade nicht, ob das noch so eine gelungene Prophylaxe ist.
Aber das Eichhörnchen ist natürlich wahnsinnig niedlich. Es schleicht sich von der Seite an, schiebt gaaaaanz vorsichtig seinen Kopf um die Mauerecke, guckt. Und dann wartet es ab.
Also, wir funktionieren an der Stelle schonmal ganz gut.
Wenn es niedlich guckt, was es ja schon per se tut, kriegt es seine Nuss.
Jetzt üben wir nur noch das Stillsitzen, bis Frau Flora die Kamera gerichtet hat. Ich habe schon über die Anschaffung eines Drahtauslösers nachgedacht, dann könnte ich die große Kamera nehmen, aufs Stativ stellen und gaaaaaanz unauffällig in Reihe auslösen, bis das Tier scharf ist, auch wenn ich das natürlich am Ende als Pausenzeit nacharbeiten müsste.
Wie man die Belichtungszeit runterschraubt, habe ich bei der Gelegenheit auch schon erlernt.
Und dann die Einstellung nicht mehr weggekriegt, so dass die ersten Bilder im botanischen Garten, wo ich am vergangenen Wochenende mit Katja durchs Gewächshaus gesprungen bin, erstmal schwarz und irgendwie nicht zufriedenstellend waren. Aber wir haben es geschafft, jede noch so kleine Blüte abzulichten. Und die letzten Weihnachtsgeschenke haben wir dabei auch gleich ausgetauscht.
Jetzt ist also Weihnachten 2022 überstanden. Es war etwas anders als die vorangegangenen fünfundvierzig. Mein Kind war zu Besuch und bevölkerte meine Couch, was sehr schön war. Aber wie sagte meine Mutter kürzlich zu mir? Es ist schön, wenn die Kinder zu Besuch kommen, aber es ist auch schön, wenn sie wieder abfahren. (Danke, Mutti – auch wenn ich es gar nicht mal so unähnlich sehe.)
Wobei diese Einstellung vielleicht gar nicht in der Familienhistorie zu suchen/ finden ist, sondern vielmehr darin, dass ich im Zeitrahmen dieses Besuchs einen Heul- und Schreikrampf bei Edeka durchlebt habe.
Direkt vorm Klopapierregal.
Fünf Euro für zehn Tage (mit Kind) oder fünf Wochen (ohne Kind). Und dann waren auch noch mindestens zwei Rollen vom Montag in der Verpackung. Da hatte der offensichtlich verkaterte Klopapierperforierer vergessen, dass ich die Blätter gerne gerade an einem Stück abreiße und nicht erst Kraftanstrengungen unternehmen möchte, um eine angemessene Dosis Papier von der Rolle zu entnehmen.
Wobei… ob das nun gerade ist oder nicht, ist völlig irrelevant, es ist ja eh für den Arsch.
Aber es sieht halt nicht so schön aus, wenn da lauter schiefe Fetzen im Badezimmer herumhängen.
Andererseits ist hier sowieso alles schief. So schief, dass man es glatt zur Kunstform erheben könnte. Also, ich habe es einfach zur Kunstform erhoben, und es war natürlich überhaupt kein Versehen, dass mein letztes Bastelprojekt so asymmetrisch geraten ist.
Ich habe ein Sparschwein gefertigt.
Ein Sparschwein, das Ergebnis einer kleinen Kausalkette ist, die Anfang November in Plauen im Vogtland ihren Anfang fand. Da habe ich nämlich einen wunderschönen Couchkissenbezug bei Depot entdeckt. Er biss sich zwar farblich absolut mit dem mitgeführten Teppichrest, aber das Kissen liegt ja auf der Couch. Von der ich keine Stoffprobe mitführen kann, weil der Bezug jetzt erstmal draufbleibt. Auch abschneiden möchte ich nichts, und Reste wie vom Teppich habe ich davon natürlich auch nicht, denn ich habe es tatsächlich über mich gebracht, bei meiner Couch mal etwas zu kaufen, das fertig war. Obschon ich natürlich zugeben muss, dass ich sehr wohl darüber nachgedacht habe, mir eine Couch selbst zu bauen. Was den Vorteil böte, dass diese nicht versehentlich zu blau gewesen wäre, was meine reelle Couch nämlich ist. Aber irgendwann wasche ich bestimmt die Bezüge, und bis dahin kann ich mir ja immer noch überlegen, ob ich dem Waschwasser eine gehörige Portion der Textilfarbe Samtschwarz beimenge. Und zur Couch passt das Kissen übrigens sehr gut.
Aber zurück zum Schwein. Bei Depot in Plauen gab es ein Kissen. Leider das letzte und das war in der Deko verschweißt. Und man weiß ja auch nie, wie viele mehr oder wenige hygienisch gereinigte Hände es schon im Vorfeld berührt hatten. In Berlin gab es das Teil nicht. Viermal nicht. So oft habe ich geguckt. Nebenbei erhebliche Teile meines Kontostands an Depot gespendet. Ohne Quittung. Ist ja auch kein Verein, sondern kapitalistischer Einzelhandel.
Und dann war ich in Hoyerswerda. Lars, der Herr P. und ich liefen durch das Lausitzcenter auf der Suche nach dem Rauchwarenfachgeschäft. An der Depotfiliale konnte ich in Hinblick auf das Kissen allerdings dann trotzdem nicht vorbeigehen. Und ich war immerhin schneller als die beiden Herren.
Der Kollege P. stand mit strahlenden Kinderaugen vor dem Maxisparschwein. Ja, okay, kann man kaufen. Muss man aber nicht.
Mach doch eins selber. Riet ich.
Na, wie denn?
Na, ganz einfach. Luftballon aufblasen, Papiermaché drauf und fast fertig.
Die strahlenden Kinderaugen hatten zu diesem Zeitpunkt in einen stark fragenden Ausdruck angenommen.
Und dann hörte ich mich sagen Soll ich das machen?
Und so kam ich zu dieser Erweiterung des Portfolios meiner Hobbys. Das Schwein ist aber sehr schön geworden. Etwas schief, wie ein natürlich gewachsener Weihnachtsbaum es beispielsweise auch ist, aber auch mit sehr viel Liebe gebaut. Und bemalt.
Obwohl das mit den Luftballons im Vorfeld ja nun gar nicht geklappt hat. Ich hatte welche gekauft. Die klammerte ich an der Küchenkammertürpinnwand an, um sie zeitnah zu verwenden. Und als ich mich endlich dazu motiviert hatte, einen Ballon aufzublasen, waren sie weg.
Was habe ich da gesucht! Einen ganzen Abend durch die ganze Wohnung, alle Schränke auf, inklusive Kühlschrank, die Luftballons waren weg. Wahrscheinlich schwächelte just in dem Augenblick, in dem der volle Müllsack vor der Küchenkammertür stand die Klammer und die Tüte mit den Ballons fand einen versehentlichen Weg zur örtlichen Abfallwirtschaft. Dachte ich mir. Ich habe mich dann entschieden, ein neues Paket zu kaufen. Wenn man ein Schwein verspricht, muss man sich schon daran halten.
Natürlich hätte ich auch die Kammertür einmal öffnen können. Habe ich aber nicht. Und so habe ich erst eine Einkaufsrunde zu spät erfahren, dass ich die Luftballons beim Aufräumen einfach nur an den Haken auf der Küchenkammertürinnenseite gehängt hatte, damit diese eben nicht versehentlich herunterfallen und verschwinden. Und so bin ich zu einem Bestand von fünfzehn Luftballons in diesem Haushalt gekommen, obwohl ich gar keine Luftballons mag, weil die im Kindergarten nämlich immer wettkampfmäßig zum Platzen gebracht wurden. Und so ein Kindergehirn konditioniert ja recht schnell.
Also, falls jemand ein Sparschwein braucht…
Inzwischen habe ich das kürzlich fertiggestellte abtransportiert. In Einzelfracht. Und den Schwanz habe ich auch erst vor Ort angeklebt, damit er im Flixbus nicht abfällt. Hätte ich vielleicht nicht einmal machen müssen, das Montageklebeband hält und hält und hält.
Und wir hatten gestern direkt neben dem Schwein eine rauschende Ballnacht.
Also, die Form mit Rock´n´Roll natürlich.
Und ohne Dresscode.
Glaube ich.
Ich habe mir einfach etwas angezogen. Mit Unterrock, damit nichts rutscht. Beim Tanzen war es mir auch fast egal, dass der Unterrock zuweilen unter dem Rock vorguckte. War ja dunkel. Und alles mehr oder weniger Ton in Ton in einem freundlichen Schwarz.
Macht ja schlank. Und ich halte mich ja nicht so sklavisch an mein Ernährungskonzept, um dann im teintschmeichelnden Rosé wieder dick auszusehen.
Außerdem passte ich so farblich etwas besser zum Schwein.
Man muss seine Farbkonzepte schon durchziehen.
Und wenn es auch nur die totale Abwesenheit von Licht beinhaltet.