Aus der Nummer komme ich nie wieder raus

Heute koch ich, morgen back ich… nee, nee, nee. Heute back ich, gestern buk ich, vorgestern habe ich gebacken.

Es macht ja auch Spaß, und die Küche wird schön warm. Und ich brauchte noch Kekse. Denn keine Kekse sind auch keine Lösung. Ich habe sogar eine Keksdose mit dieser liebreizenden Aufschrift gefunden.

Allerdings im Internet. Und ich habe jetzt ungefähr hundertmal versucht, mir diese in doppelter Ausführung zu bestellen. Dazu noch drei Gläser vom Lieblingsbrotaufstrich mit Pistazien und Kokos, aber ohne Zucker, jedoch… es sollte nicht sein. Ich kann die Bestellung nicht abschicken. Immer wieder kommt der Hinweis, dass ich zu lange inaktiv war, so dass ich nun automatisch abgemeldet wurde.

Also, nur mal fürs Protokoll: Ich war sehr aktiv. Erst in der Entscheidung, ob ich zwei oder drei Gläser Aufstrich brauche, dann die hundert Versuche, mein Konto um die angegebene Summe zu schmälern. Und dann fliege ich immer wieder raus. Das ist doch Mist!

Oder auch nicht. Keine Kekse sind auch keine Lösung kann ich mir auch selbst irgendwo drauf malen, und der Brotaufstrich mag zuckerfrei sein, macht aber mit seinem sonstigen Kaloriengehalt doch irgendwie nicht gerade einen schlanken Fuß. Beziehungsweise wahrscheinlich nur schlanke Füße, während die Körpermitte langsam aber stetig verfettet.

Ich muss mir das jetzt auf diese Weise schönreden.

Auch wenn ich heute schon einen halben normalen Keks gegessen habe. Beziehungsweise einen ganzen, den ich extra zu diesem Zweck in homöopathischer Größe zurechtgeknetet habe. Muss ja wissen, ob die neue Kreation aus weihnachtlich angehauchtem Schokoladenteig mit etwas Rum und einer Auflage aus salzigen Macadamianüssen schmeckt.

Leider kann ich das aufgrund der aufgenommenen Menge immer noch nicht beurteilen, aber ich habe sie jetzt zum Ziehen auf das Bücherregal gestellt. Die Stelle in der Küche, wo die Kekse sonst wohnen, ist nämlich voll. Da staple ich schon drei Dosen übereinander und danke meinem Schöpfer oder mehr meinen Genen, dass ich keine Neigung zur Grobmotorik habe, denn das Regal grenzt direkt im rechten Winkel an das mit den Gläsern. Und ich mag meine Gläser. Auch wenn man es ihnen nach jahrelangem Aufenthalt an der frischen Küchenluft nicht jeden Tag ansieht.

Na gut, alle weiteren Keksdosen werden oben auf dem Bücherregal platziert. Und wenn ich es schaffe, dort oben morgen noch den Staub zu entfernen, kann ich mir sehr gut vorstellen, alle anderen dort ebenfalls aufzureihen. Die würden sich sehr schön in die sonstige Deko integrieren. Glaube ich. Auch wenn noch ein paar Gläser auf dem Bücherregal stehen.

Das klingt hier wieder nach dem totalen Chaos. Aber ich habe letztens gelesen Das Glück ist da, wo das Chaos wohnt. Und das stand auf einer Schachtel, die ich sofort mitnehmen konnte und musste. Sogar, weil ich den Inhalt wirklich brauche.

Aus der Macadamianummer komme ich trotzdem nicht mehr raus. Ich habe nämlich versehentlich Nüsse für die dreifache Menge Teig kleingeschlagen. Und jetzt werde ich mehr Teig machen müssen. Dann werden aber wieder die Nüsse alle sein, ich muss weitere hacken. Die werden wieder zu viele sein, und dann brauche ich wieder Teig.

Am Ende ertrinke ich hier in Keksen. Und meine Lieblingssorte Haselnuss mit Erdbeer-Granatapfel-Chili-Likör-Füllung habe ich noch nicht mal fertig, weil der Versuch gestern aufgrund besonders ausgeprägter Gebäckknusprigkeit misslang und weil es heute im ganzen Land keine gehackten Haselnüsse mehr zu erwerben gab.

Nein, es liefen nur überall Idioten rum. Und zwar sehr viele. Morgen jedenfalls gehe ich in der Mittagspause einkaufen.

Aber ich befürchte, dass die Menschen zu der Zeit in ihrem Gesamtgewicht immer noch dieselben sind.

Mission missglückt

Ich versuche es morgen nochmal. Dann aber anders.

Weil ich nämlich gestern mit Katja noch nicht genug Kekse manufakturiert habe, wollte ich heute noch eben ein paar Eier wegbacken. Aus irgendeinem Grund hatten wir nämlich sehr viele übrig. Von der Butter rede ich erst gar nicht.

Dabei war ich bislang eigentlich der Meinung, dass ich rechnen kann. Aber es irrt der Mensch… und wenn es nur beim Backen ist.

Vielleicht ist das Ganze heute auch nur so bröckelig geworden, weil ich mit dem Kopf noch in gewissen Grundsatzfragen steckte. Wieso manche Menschen Beratungsresistenz als positive Charaktereigenschaft betrachten zu scheinen. Zum Beispiel. Ich kenne sogar solche Leute. Und weil ich mir noch überlegen muss, wie ich damit umgehen soll, konnte ich gar keine weiteren Kekse backen.

Jetzt habe ich für Außenstehende vielleicht schon sehr viele, aber wenn ich auf meine Weihnachtsliste gucke und wer da alles Kekse kriegen soll: hab ich nicht.

Aber die freudige Aussicht auf Homeoffice ab morgen. Die habe ich. Auch wenn es mir natürlich gerade überhaupt nicht gefällt, dass das Wochenende schon wieder vorbei ist.

Wobei ich auch nicht sagen kann, ob ich morgen arbeiten kann. Weil unsere heilige, elektrische Brigade heute eine Serverumstellung gemacht hat. Elektrolurch eins schickte eine Erklärung herum, bei der ich mich fragte, ob ich jetzt schnell Informatik studieren muss, um sie zu verstehen. Und offensichtlich war ich damit nicht alleine, denn zwei Tage später kam die Erklärung nochmal auf Deutsch. Und wir sollen uns einen Anhang auf den Desktop legen, den wir dann anklicken, bevor wir am Montag in unsere Emailfächer gehen. Es hieß aber auch, dass das alles für den Zentralstandort, dem ich angehöre, nicht gilt.

Ich habe mir die Datei also gar nicht erst heruntergeladen. Denn ich bin ja nicht so eine Mutti, die sich ihren Desktop unsinnig vollknallt. Und jetzt überlege ich, ob dieses außer Verwaltung nun für die möglichen Probleme beim Starten gelten sollte oder auch für das Installieren des Dateiinhalts.

Wobei mich das mittlerweile nicht mehr so sehr tangiert, denn ich habe einen Plan entwickelt. Ich werde zwischen Frühsport und Betriebsratssitzung meine liebste Kollegin anrufen und diese fragen, was sie gemacht hat, dann kann ich immer noch via Internet in mein Emailfach einbrechen und mir die Datei holen.

Jetzt fällt mir leider nur ein: Es könnte aber auch sein, dass das dann gar nicht mehr geht. Vielleicht betrifft das ja auch das Internet. Wahrscheinlich das Ganze. Unsere Elektrolurche sind sehr talentiert, was das Herunterfahren ganzer Systeme angeht.

Scheint nur leider unsere oberste Leitungsebene nicht so zu beeindrucken. Da wollte mir doch letztens meine Leitung erklären, dass der heilige Kollege doch sehr nett wäre. Ich wusste gar nicht, was ich dazu sagen soll. Deshalb brummte ich nur Nett ist die kleine Schwester von scheiße. In diesen Kontext gesetzt ist der heilige Kollege natürlich sehr, sehr nett.

Aber auch Geschichte. Ich habe nämlich herausgefunden, dass es durchaus noch andere Männer gibt, die mir beängstigend sympathisch sind.

Oder eben einer. Aber das reicht ja.

Das hätte es bei uns zu Hause nicht gegeben

Ich hatte mich schon gewundert. Katja sprach, sie wolle am jährlichen gemeinsamen Backtag nur vier Sorten Plätzchen mit mir backen.

Das habe ich noch irgendwie hingenommen, ich muss ja morgen auch noch was anderes machen. Aber gestern hat sie mir verraten, woher diese plötzliche Askese kam. Weil ihre Mutter gesagt hat, wir haben die letzten Jahre zu viel gebacken.

Und deshalb sollte jetzt mein Umfeld darben.

Würde mir im Traum nicht einfallen. Und man weiß ja, dass mir im Traum sehr viel einfällt.

Nun liegen dem Ausmaß des Elends zwei Umstände zugrunde. Erstens: Ich verschenke ungefähr neunzig Prozent meiner Kekse, und ich habe sehr viele Leute auf meiner Liste. Zweitens komme ich aus einer Familie, in der emotionale Nähe schon immer mit Essen assoziiert wurde.

Ich weiß, dass das nicht richtig ist, aber bei uns gab es nie nur einen mageren Kuchen auf der Geburtstagstafel. Höchstens mal, wenn keiner zum Geburtstag kam. Ansonsten glichen die Familienfeiern eher Gelagen.

Und deshalb brauche ich meine Mengen an Keksen. Davon werde ich nicht abweichen. Und Katja kann ja ihrer Mutter in diesem Jahr einfach ein paar weniger schenken. Nicht, dass sie wieder die Hälfte wegschmeißt.

Die kleine Künstlerin in mir ist fast ein wenig beleidigt.

Und, Entschuldigung, wenn mein Selbstbewusstsein für Außenstehende jetzt etwas übersteigert erscheint, aber die Kekse, die Katja und ich da backen, sind verdammt gut. Die schmeißt man nicht weg.

So viel dazu. Ich bin mittlerweile im Wochenende angekommen und freue mich sehr. Gut, ich habe etwas Wichtiges vergessen. Ich sollte nämlich meiner Chefin ein paar Listen schicken, weil wir heute alle unsere Computer herunterfahren mussten, weil der heilige Elektrolurch am Sonntag irgendwas machen will, und jetzt kommen wir beide nicht mehr ran.

Bleibt nur zu hoffen, dass am Montag wieder alles funktioniert. Im Moment bin ich diesbezüglich noch voller Zweifel.

Dabei habe ich schon dem anderen Elektrolurch Geschenke in meinem Büro hinterlegt. Meine alten Ledervorräte, die mir Renate einst ungefragt übergeholfen hatte. Und die ich definitiv nicht brauche. In den Lederrock werde ich definitiv nie reinkommen, und mir fällt auch gerade nichts ein, was ich aus einer braunen Wildlederweste in XXXXL machen sollte.

Der Kollege jedoch hat bestimmt eine Verwendung dafür. Der macht beeindruckende Arbeiten aus Leder. Als er mir mal die Handtasche gezeigt hat, die er für seine Ehefrau angefertigt hatte, da war ich ganz eifersüchtig auf diese Frau. Obwohl der Mann mein Vater sein könnte.

Aber ich habe jetzt mal wirklich Wochenende, und heute bin ich sogar um jegliche Telefonate mit Ruslana herumgekommen.

Ein gelungenes Zeichen für ein gutes Wochenende.

Oder andersrum.

Meine Uhr kann die Uhr nicht lesen

Ist das schon ein Thema für eine Selbsthilfegruppe? Klingt ein bisschen so. Nach dem Motto Mein Name ist Flora, und meine Uhr kann die Uhr nicht.

Gestern lobte mich mein neues Fitnessarmband dafür, dass ich jeden Tag zur selben Zeit aufwache, und dass das ganz, ganz toll wäre. Ich blickte etwas skeptisch in die Detailauswertung. Sechs Uhr zweiundvierzig am Montag, sechs Uhr achtundzwanzig am Dienstag, sieben Uhr zwölf am Mittwoch. Also, ich finde nicht, dass das immer zur selben Zeit ist.

Aber vielleicht kenne ich auch einfach nur zu viele Buchhalter, mit denen ich teilweise auch täglich zu tun habe, und bin deshalb so genau mit den Kommastellen.

Und ich habe auch selbst ein gewisses Talent für Kommastellen. Das war aber schon immer so. Auch früher. Als ich noch im mehr musischen Bereich unterwegs sein wollte als in der Zahlenwelt. Wenn etwas neunundzwanzig neunzig kosten sollte, habe ich zum Beispiel noch nie gesagt Das kostet zwanzig Euro. Wie das erstaunlich viele Leute tun. Aber lassen wir das.

Vielleicht sollte ich mich wieder mehr in den musischen Bereich eintasten und meiner Uhr ihre individuellen Interpretationsspielräume lassen. Immerhin ist das Leben sehr nett mit ihr, denn sie motiviert mich jeden Tag. Wenn ich meine zweihundertfünfzig Schritte pro Stunde geschafft habe, sagt sie immer Super! und Toll gemacht! Auch wenn ich nur aufs Klo musste, was in meinem Irrenhaus beinhaltet, dass ich mal flugs die Etage wechseln muss. Aber das weiß meine Uhr natürlich nicht.

Wäre aber mal ein Feature. Indem die Uhr anhand der typischen Bewegungen erkennt, wie oft man bei seiner Flüssigkeitsaufnahme in die Keramikabteilung rennt, und dann gleich diagnostiziert. Kalt. Blasenentzündung. Diabetes. Schwanger. Ich hätte mir so ein Teil schon vor vierundzwanzig Jahren kaufen sollen!

Und wenn sie zufrieden mit mir ist, dann ist ja alles in Ordnung. Dann brauche ich auch keine neue Selbsthilfegruppe. Da kommt eh nichts bei raus – je nach charakterlicher Zusammensetzung verliebe ich mich womöglich, und wenn das Thema dann fertig ist, ist das Geheule wieder groß. Nee, nee.

Zumindest nicht wegen der Uhr. Dann schon eher wegen der Menschen, mit denen man sich so herumschlagen muss.

Ich habe heute nämlich ein neues Standbein bekommen. Ich verkaufe gerade Wildfleisch. Weil Anuschka und ich ein ganzes Schwein kaufen wollen, wo ich natürlich gerne mitmache, aber ein ganzes ist natürlich zu viel für uns alleine, deshalb gucken wir jetzt, wer noch was davon nimmt.

Mein liebster Kollege Hannes zum Beispiel wartet schon ein halbes Jahr mit mir auf diesen Moment. Zufälligerweise hatte ich ihn heute am Telefon. Gleich fünf Kilo an den Mann gebracht.

Und weil das so gut lief und Claudia empfohlen hatte, mal Ruslana zu fragen, dachte ich, dass das ja nicht schaden kann.

Ja, die meiste Fehler fangen an mit Ich dachte…

Ruslana war recht angetan von diesem Angebot und sprach: ICH! WILL! DAS! BESTE! STÜCK!

Ich korrigierte erstmal Das heißt Ich möchte bitte…

Was sie natürlich nicht nennenswert beeindruckte. Hannes kann ja dann die Reste haben. Lautete die nächste ihrer Bemerkungen nach meiner sprachlichen Anregung.

Und dann will sie bei mir vorbei kommen, damit ich das nicht ins Büro schleppen muss.

Wie nett.

Ähm… nein! Bitte! Nicht!

Erst zu Hause ist mir eingefallen, dass wir ja in der Teamteilung sind und sie mich gar nicht zu Hause besuchen darf. Hannes will zwar auch herkommen, aber das steht für mich auf einem ganz anderen Blatt Papier. Der gehört auch nicht zu unserem Team. Der fängt auch keinen Satz an mit Ich will… im Imperativ. Ich glaube, der kennt gar keinen Imperativ.

Jedenfalls bin ich sehr froh, dass mir eingefallen ist, dass Ruslana mich nicht besuchen darf. Und um ehrlich zu sein: Ich möchte sie auch nicht in der Wohnung haben. Nur, weil sich dieser Nabel der Welt generell und prophylaktisch benachteiligt sieht, weil ich ihr ja den letzten Schrott zuteilen könnte, wenn sie nicht selbst aussuchen kann.

Ich habe keine Ahnung, was bei ihr schiefgelaufen ist. Sie hat ein massives Vertrauensproblem. Sogar, wenn ich die Post aus dem Briefkasten entnehme, muss ich mich mit Zähnen und Klauen dagegen wehren, dass sie mir die nicht gleich wieder aus den Händen reißt, um zu kontrollieren, ob nicht zufällig was für sie dabei sein könnte, was ich ihr natürlich absichtlich vorenthalte.

Ach, ich glaube, ich esse das Schwein doch ganz alleine. Oder ich teile mit Menschen, für die Egozentrik ein ganz entferntes Fremdwort ist. Wenn ich nur einmal pro Woche Wildschwein auf den Tisch bringe, brauche ich schon fünfundzwanzig Kilo im Jahr. Bei zwei Personen.

Allerdings werde ich dann wohl sehr verheult aussehen, weil ich unmöglich ein halbes Kilo Zwiebeln schneiden kann, ohne dabei in Tränen zu zerfließen.

Und wenn ich das dann jede Woche mache… Tränensäcke wie Heißluftballons gibt das!

Macht aber auch keinen Unterschied zu meinem normalen Leben.

Wenn ich mal was vorhabe…

Ich habe ja wirklich ganz, ganz selten etwas vor. Zumindest in meinen Augen. Andere sehen mich als ständig auf Achse, aber ich nicht. Ich finde, ich sitze immer noch viel zu viel auf meiner Couch. Okay, an manchen Tagen will man auch nicht mehr, aber dennoch verachte ich dieses Möbelstück zuweilen ein wenig.

Egal. Am Sonnabend will ich jedenfalls mit Katja Kekse backen. Nebenbei muss ich noch die Liveübertragung eines Wettbewerbskonzerts aus dem Internet hören, das unter normalen Bedingungen vor Ort stattgefunden hätte, und das ZDF strahlt natürlich ausgerechnet zu diesem Termin keine olle Kamelle aus, die jede Oma mitsprechen kann, sondern einen taufrischen Wilsberg.

Es wird wahrscheinlich schwer, das alles unter einen Hut zu bringen.

Prioritäten müssen her! Also, erstmal werde ich die meisten Teige wohl mit der Hand kneten, damit ich eventuelle musikalische Schmuckstücke nicht mit dem Mixer übertöne. Abgesehen davon, dass ich zu der Zeit wahrscheinlich fertig mit allen Teigen sein und nur noch zwischen Backofen und Weihnachtsplätzchenendlager hin und her rennen werde.

Gut, dabei kann ich meine Ohren noch benutzen. Ob ich allerdings bis Sonnabend noch schnell das Lippenlesen erlernen sollte, um dem stummgeschalteten Wilsberg ganz multitaskinggerecht folgen zu können, weiß ich jetzt auch nicht.

Man hätte das auch einfacher gestalten und die ganze Backaktion um eine Woche vertagen können, aber da wollte Katja nicht. Und jetzt kann ich da nicht mehr, denn da treffe ich mich endlich mal wieder mit Nele.

Ich muss bis dahin nur in den Kalender gucken, wann wir uns das letzte Mal gesehen haben, und dann alle Kassenbons mit diesem Datum abgleichen, weil ich Nele immer zeige, was ich alles gekauft habe. Wenigstens keine weiteren Schuhe. Obwohl ich heute extra zeitig Feierabend gemacht habe weil Black Week ist.

Das hat mir Schritte auf der Uhr gebracht, aber ansonsten ist alles unverändert.

Möge dies ausnahmsweise mal bis Freitag so bleiben. Es sei denn, das Universum hätte was ganz besonderes für mich vorbereitet. Aber das muss dann schon fetzen.

Und apropos Wilsberg: Ja, ich weiß, ich könnte mir das auch noch in der Mediathek ansehen. Aber ich hasse Mediathek.

Vor allem, weil ich keine Lust habe, den Computer an den Fernseher anzuschließen. Beziehungsweise, weil ich alleine gerade nicht weiß, wie das geht. Auf dem Laptop ist Filmgucken jedenfalls blöd.

Na ja, es ist auch erst Dienstag.

Leider.

Kommt Zeit, kommt Rat.

Frau von Welt steckt quer!

Wieder viel gelernt an diesem Wochenende.

Eigentlich hatte ich nur jemanden aus meinem Umfeld auf einen ganz dringenden Weihnachtswunsch hingewiesen, der mittlerweile allerdings ziemlich weit nach unten auf dem Wunschzettel gerutscht war. Weil so viel dazugekommen ist. Nichtsdestotrotz brannte dieser Wunsch recht heiß unter meinen Nägeln.

Es ist müßig zu erwähnen, dass es sich hier um Stoff handelt, oder?

Nun kenne ich Leute, die da echt super sind. Die fragen, was man sich wünscht, man sagt es, und die kaufen dann genau das. Ich habe das leider schon anders erlebt. So besitze ich zum Beispiel ein Teil in meinem Haushalt, das jemand hübscher fand als das auf meiner Wunschliste. Also, abgesehen davon, dass kein einziges Teil dieser Art auf meinem Wunschzettel prangte, lege ich Dinge ja nicht umsonst da hin.

Manche Sachen speichere ich allerdings auch nur ab, um sie bei Gelegenheit zu verschenken. Für Tina habe ich da Sachen zu liegen, die bis 2025 reichen. Für alle Gelegenheiten. Inklusive Silberhochzeit. Auch wenn sie gar nicht verheiratet ist. Es ist also Vorsicht auf meinem Wunschzettel geboten.

Zurück zum Stoff. Den kenne ich schon, weil ich ihn schon habe, aber eben nicht in ausreichender Menge, sondern nur noch einen kleinen Rest, hatte aber überlegt, mir daraus eine Leggings anzufertigen.

Und im Zuge dieser Recherchen habe ich echt was gelernt. Nadeln quer stecken, damit der Stoff nicht gegeneinander verrutscht. Oder auch Ärmel erst zunähen und dann im Kreis in das Kleid einnähen. Oder Backpapier. Backpapier hilft auch gegen Verrutschen.

Verrutschen ist nämlich so ein Thema, mit dem ich mich schon öfter herumgeschlagen habe. Aber da hatte ich auch, ganz hausfrauenlike, die Nadeln längs gesteckt. Deshalb ist heute einfach ein besserer Tag als früher.

Nur das Bügeln der Falten im Faltenrock habe ich noch aufgeschoben. Habe ja gleich zwei Stunden Zeit vor dem Fernseher. Andererseits müsste ich auch noch knapp zwei Meter Blindstich in zwei Farben von Hand nähen. Obwohl ich ja eigentlich gerade einen Weihnachtsbaum stricke.

Na, wir werden schon sehen, was ich am Ende tue. Weiß ich jetzt selbst nicht so genau. Da bin ich vollkommen flexibel.

Das färbt auch langsam ab. Denn Ich bin flexibel ist der Lieblingssatz meiner neuen Leitung. Mittlerweile sind wir so flexibel, dass keiner mehr billig Urlaub buchen kann, weil keiner weiß, wann der flexible Urlaub dann wirklich anfangen kann.

Wobei mich sowas ja nicht besonders beeindruckt. Meine Urlaubsplanung ist fertig, und da lasse ich mir auch von keinem Chef der Welt reinreden.

Na irgendwie werden wir Weihnachten schon feiern

Wenn ich mir die aktuellen Zahlen des RKI angucke: wahrscheinlich jeder in seinem ganz eigenen Kokon. Im totalen Lockdown. In dem man eine Genehmigung des Bürgermeisters vorweisen muss, wenn man seine Weihnachtsente kaufen will.

Es gibt ja Leute, die glauben, dass mit Ende November alles wieder beim alten ist. Ruslana glaubt gar, ihr Fitnesscenter würde am ersten Dezember ruckartig alle seine Türen wieder weit öffnen, um sie zu empfangen. Aber die glaubt auch, dass Corona sie nicht treffen kann, weil sie die einzige erwachsene Verwandte ihrer noch minderjährigen Kinder ist. Man weiß gar nicht, ob man sie jetzt auslachen soll oder notschlachten.

Warum ich aber darauf kam: Heute ist ja Freitag (dem Verantwortlichen sei es gedankt) und ich wurde gleich früh beim Cooldown nach dem Frühsport von Anne belästigt. Anderthalb Stunden lang. Weil sie mit einem Satz in einer ihrer Emails noch nicht so richtig zufrieden war. Am Ende war nur ein Wort falsch, und nach dessen Austausch ergab der Satz auch endlich den Sinn, den er ergeben sollte, aber das nur am Rande.

Sie erzählte mir jedenfalls voller Entsetzen, dass unsere Leitung einen Vorschlag für eine Weihnachtsfeier gemacht hat. Die soll nämlich open air im Garten am Haus sein, die Chefin will eine Suppe kochen, und ein Zirkus wird uns was vorturnen.

Anne ist open air zu kalt (wahrscheinlich auch im Sommer), und ich vermeide Zirkus. Also, den mit den Löwen in der Manege, den anderen Zirkus habe ich jeden Tag auf Arbeit, sogar, wenn ich gar nicht da bin.

Also, ich bin in der Woche im Homeoffice, und ich habe gaaaar keine Zeit. Kündigte ich deshalb gleich schon mal an. Ich habe auch mal einen Kuchen gesehen, den unsere Leitung gebacken hatte. Ihre Suppe reizt mich daher wenig. Aber manchmal können ja Leute, die nicht backen können, erstaunlich gut kochen. Weiß man nicht. Aber die Vorturnnummer vom Zirkus allein reicht mir persönlich schon, um auch die Suppe zu verschmähen.

So, und dann habe ich mit Ruslana telefoniert. Sie denkt zwar immer noch, dass ich so langsam begreife wie sie, aber sie hat den Plan für unsere Weihnachtsfeier so dargestellt: open air im Garten am Haus deckte sich mit Anne, aber dann war es auch schon wieder vorbei: der Chef schmeißt den Grill an, und ein kleiner Chor singt Weihnachtslieder dazu.

Lassen wir mal die Weihnachtslieder außen vor, wenn das zeitlich limitiert oder mit entsprechender Rhythmusfraktion unterlegt ist, wäre das zu ertragen, aber wir beim Weihnachtsgrillen?

Da bin ich sofort dabei!

Dann ist es auch nicht so kalt. Jetzt bin ich eigentlich nur noch gespannt, welche Variante wir machen. Ich habe zwar Homeoffice, aber wenn gegrillt wird, würde ich Zeit haben. Es ist halt nur etwas unsicher, da die beiden Darstellungen meiner Kolleginnen so weit auseinanderliegen, obwohl sie beim ersten diesbezüglichen Briefing alle im selben Raum waren und mit derselben Person gesprochen haben.

Hoffe ich. Und dass nicht alles nur Einbildung war.

Zumindest das mit dem Weihnachtsgrillen nicht.

Ich hoffe nur, ich kann bis Montag schlafen. Vor lauter Aufregung könnte ich kein Auge zukriegen. Zumal meine Schlafüberwachung nicht funktioniert, weil ich gestern noch nicht wusste, dass ich in der App ankreuzen muss, wenn ich zu schlafen beabsichtige. Ich hoffe, ich habe jetzt richtig erraten, wie es funktioniert. Aber ich bin mir nicht sicher.

Ich bin mir aktuell eigentlich nur sicher, dass Wochenende ist, und zwar dankenswerterweise noch am vorderen Ende.

Alles andere wäre Verhandlungssache.

Und der Müll blinkt grün

Erinnert sich noch jemand an gestern?

Da hatte ich ja meine kleine destruktive Phase und innerhalb von flotten zehn Minuten zwei sehr wichtige Gegenstände zerstört. Und eigentlich wollte ich daraufhin sofort ins Bett gehen.

Aus zwei Gründen jedoch hinderte ich mich selbst daran. Erstens hatte ich noch Hunger, zweitens befürchtete ich, das Bett auch noch kaputtzumachen. Ich hätte es eigentlich ahnen und mich zum Schlafen einfach auf die Couch legen sollen, bei der es mich wirklich nicht sonderlich stören würde, wenn sie in der Mitte entzweibricht.

Dabei habe ich aber extra nichts gekocht. Nur mein Kürbiscurry aufgewärmt und dem Kind eine gesunde Pizza in den Ofen geschoben.

Erstaunlicherweise überlebte der Herd.

Die Pizza nicht.

Die hatte ich kurzzeitig über das Angucken von zehn Seiten bunter Röcke im Internet vergessen, so dass sie in einem freundlichen Hellschwarz daherkam. Sie gab den Kaugeräuschen meines Kindes eine völlig neue akustische Note. Auch auf weichen Speisen geschieht das zuweilen recht geräuschvoll. Da war das Knuspergeräusch direkt mal eine nette Abwechslung.

Heute war auch wieder alles sehr abwechslungsreich. Ich verzichtete auf meinen Frühsport und ging stattdessen, nachdem ich eine kleine Dreiviertelstunde in den Computer hineingeblickt hatte, erstmal shoppen.

Weil ich mein dahingeschiedenes Fitnessarmband doch recht schnell vermisst hatte. Auch die Uhrzeit ist von enormer Wichtigkeit. Und ich muss mit Stolz zu Protokoll geben, dass ich alles selbst eingerichtet habe. Okay, wahrscheinlich habe ich in der Zwischenzeit alle meine Daten nach Amerika verkauft, aber ich habe es allein eingerichtet, weil mein Kind arbeiten war.

Sogar das Armband war ich in der Lage zu wechseln. Mit YouTube-Tutorial, aber geschafft. Es braucht aber auch eine extra Anleitung, wie man das macht. Und das muss ich zum Laden auch nicht mehr auseinandernehmen, da kann nichts abbrechen. Ich darf auch den Karton nicht wegwerfen, sprach die Verkäuferin, weil sie den braucht, wenn irgendwas ist, weil die Dinger nicht mehr repariert werden, was mich auch nicht überraschte. Und weil ich das Glück hatte, am Morgen früh um neun das letzte Fitnessarmband erlangen zu wollen, gab es noch einen weiteren Nachlass, so dass ich das Ganze jetzt fünfunddreißig Prozent unter dem Ladenpreis ergattern konnte.

Mein Stoff ist auch da. Er ist nicht nur da, er ist sogar schon zu zwei von vier geplanten Teilen vernäht. Ich werde nur noch karierte Loopschals nähen! Viertelstunde, fertig.

Da stehe ich ja vor so manchem Regal in der Kaufhalle länger herum, weil ich mich nicht zwischen zwei Sorten Weichspüler entscheiden kann. Aber wir haben ja schon gelernt: Einkaufen ist Sport.

Und manchmal Mord. Gerade war ich damit beschäftigt, die sich vordrängelnde Tante an der Kasse im Drogeriemarkt hinter ihre Linie zu treiben, da brüllte mich so eine zahnlose Minka an DIE IST JA GEIL!!! Ich steh auch auf Totenköpfe.

Schreck, lass nach!

Kurzzeitig bemüßigte mich dieses Erlebnis, das benannte Muster zukünftig zu meiden, aber dann doch nur kurzzeitig. Natürlich.

Weil ich nicht so recht wusste, wie mir geschah, habe ich einfach das gemacht, was ich in solchen Situationen auch im Büro immer mache: Ich lachte. Obwohl mir dort ja oft zum Weinen ist, aber was will man machen? Ich kam schließlich gerade mit meinen Totenkopfleggings aus dem Homeoffice. Noch so ein Ort für bittere Tränen. Es scheint gar nicht am Ort zu liegen.

Aber Claudia und ich haben unserer Chefin heute gezeigt, was Effizienz ist. Um halb zwei waren wir zur Videokonferenz verabredet. Um zwei Minuten nach halb schickte man uns nach zweifacher Aufforderung den Zoomlink. Und um dreiviertel zwei kam auch unsere Chefin dazu.

Also, wir sind jetzt eigentlich fertig. Sprach ich.

War auch kein großes Thema. Wie richten wir uns selbst Kostenstellen ein? Frage beendet, Frage beantwortet. Claudia und ich dürfen. Das machen, was wir sowieso schon immer machen.

So ähnlich.

Fertig.

Und was da so grün im Müll blinkte, erwies sich am Ende dann doch als keine Invasion von einem feindlichen Planeten, sondern mein halbtotes Fitnessarmband, das auf die Feuchtigkeit im Beutel reagierte.

Zu früh gefreut

Tja, ich habe ja gesagt, dass das mit der überbordenden Freude nicht lange anhalten wird. Ich kenne mich einfach zu gut. Beziehungsweise mein Leben.

Vielleicht liegt das auch daran, dass ich heute trotz Homeoffice am Morgen das Haus verlassen musste. Was mich daran hinderte, Frühsport zu machen. Was allerdings auch darin begründet sein könnte, dass hier wieder jemand nicht aus dem Bett gekommen ist. Und selbst, nachdem dieses endlich gelungen war, fühlte ich mich nicht gerade wie der anrauschende Frühling.

Die Sitzung, zu der ich verabredet war, dauerte drei statt der angesetzten anderthalb Stunden, und meine Chefin wollte etwas einrichten, was es längst gibt. Das ist schön, denn so haben die wieder was von mir gelernt.

Nur das WLAN im Büro, das eigentlich in meinem Handy hinterlegt ist, funktionierte nicht mehr.

Weil irgendein Genie das Passwort geändert hatte.

Dieses erschien in Form unseres heiligen Elektrolurchs eine Stunde nach Beginn unserer Anwesenheit. Er stand auch pflichtschuldigst mit einem A4-Blatt vor mir und wollte das Passwort diktieren. Aber mein Stolz ließ es nicht zu.

Jetzt brauche ich es nicht mehr so dringend.

Ich war auch thematisch gerade ganz woanders. Bei wichtigen Sachen. Kalkulationen, Verträge, Datenbanken.

Und ich freue mich immer noch, dass kaum Arbeit dazugekommen ist. Weil ich sie seit Jahren sowieso schon mache, ohne dass mein Chef etwas davon weiß. Nee, das hat ja auch der alte Chef eingerichtet. Die Kommunikationsflüsse sind wieder sehr beeindruckend. Aber lassen wir das.

Mit Mühe und Not erreichte ich mein Bewegungspensum. Aber nur, weil ich nicht einkaufen musste. Da konnte ich Sport machen. Wollte eh am liebsten zu Hause bleiben, weil ich auf meinen Stoff warte. Beim Händler steht auch noch, dass der heute bis zwanzig Uhr bei mir auf der Matte liegen soll. Das Logistikunternehmen, das dies ermöglichen sollte, sah das anders. Mein Stoff kommt erst morgen.

Super! Bis der trocken ist, ist Wochenende, und dann habe ich keine Zeit, um sofort loszunähen. Aber ich wollte mich auch eine Stunde lang mal nicht bewegen, weil ich mein Fitnessarmband aufladen musste. Und in dieser Zeit werden die Schritte ja nicht mitgezählt. Dann bewege ich mich auch nicht. Nicht, um Aktivität zu sparen, sondern um jede Aktivität zu erfassen.

Jedenfalls steckte ich das Teil zum Laden in die USB-Buchse meines Computers.

Es fiel heraus. Auch aus der anderen.

Und auch nachdem ich die Laptopseite mit den USB-Anschlüssen ans Licht gehalten hatte, bekam ich es einfach nicht fest hinein.

Weil nämlich, wie sich nach längerer Betrachtung herausstellte, ein Stück vom Stecker im Armband steckengeblieben war.

Wie schön, dass der Nahttrenner gerade sowieso auf dem Couchtisch lag. Ich friemelte ein wenig herum. Kein Fortkommen. Im Gegenteil: Der Nahttrenner brach ebenfalls.

Na toll, meine beiden wichtigsten Geräte! Beide innerhalb von zehn Minuten kaputtgekriegt…

Habe dann das Armband vom Fitnessarmband aufgeschnitten, weil ich auch noch ein Ersatzband habe. Das ist sogar lila. Nur leider war das Plasteteil, das mir aktuell fehlte und das ich einfach wieder ranstecken zu können glaubte, gar nicht im Armband drin. Es lag, wie sich nach längerer Suche herausstellte, neben dem Laptop. In dessen Schatten. Und es ist definitiv irreparabel abgebrochen. Wie die Spitze vom Nahttrenner.

Ein toller Tag. Morgen früh schreibe ich mir wieder Zettel. Ich freu mich! Ich freu mich! Ich freu mich!

Tausendmal.

Oder ich gehe gleich früh ein neues Armband kaufen. Ich kann nicht nicht wissen, wie mein Herz schlägt.

Und ich war eh nicht so hundertprozentig zufrieden mit dem alten. Die App ist langsam, und eine Traumdeutung ist auch nicht enthalten. Die brauche ich dringend.

Ganz dringend. Auch wenn sich vielleicht erahnen lässt, was das von letzter Nacht bedeuten könnte. Denn ich fand einen Schirm. Er war etwas gezwirbelt und gelb.

Sehr interessantes Modell. Das Gelb hat mir sogar gefallen. Und das ist echt selten. Dass mir Gelb gefällt.

Immer wieder schön

Wenn sich die Fachärztin so richtig freut.

Ich jedenfalls musste heute kein einziges Mal Ich freu mich! auf einen Zettel schreiben.

Also, ganz abgesehen davon, dass ich es heute früh sowieso vergessen habe, freue ich mich auch ohne.

Denn ich war bei der Fachärztin meines Vertrauens. Und bei der Verkündung meiner Testergebnisse hatten wir beide gemeinschaftlich Tränen in den Augen.

Na ja, fast. Aber man hat deutlich gemerkt, dass sie sich richtig freut. Denn nach einer ordentlichen Überzuckerung meines Blutes am Jahresanfang befinde ich mich mittlerweile im Normalbereich. Was eigentlich nicht normal ist.

Einen ganz besonderen Vorteil bietet diese ganze Sache auch noch: Das neue Medikament kommt in einer deutlich platzsparenden Schachtel. Das ist in einer Zweizimmerwohnung mit sehr vielen Sammelobjekten wie der meinen von großer Wichtigkeit. Platz ist hier mit Goldstaub gleichzusetzen.

Nachdem ich also ungläubig am Apothekentresen auf die Schachtel geschielt habe, weil ich mir nicht sicher war, dass das wirklich die verordnete Menge sein sollte, habe ich vor lauter Freude gleich die Keksdosen für Weihnachten gekauft.

Zum Verschenken und auch nur vier Stück. Mehr brauche ich ja nicht. Die anderen kriegen ihre Kekse in der Tüte. Und erst beim Abfriemeln der Preisschilder ist mir dann eingefallen, dass ich ja eigentlich schon zwei Dosen zum Verschenken im Schrank habe. Jetzt habe ich also zwei Dosen zu viel.

Und eine halbe Schachtel Lebensfreudetee. Der klang auch wieder interessanter als er schmeckt. Genau wie im Grunde der Glückstee, den ich heute im Sonderangebot erstand, falls das Zettelschreiben und das Wissen über die gute Diagnose überraschenderweise doch nicht mehr reichen sollten.

Wenn ich an Mittwoch denke, zum Beispiel. Da habe ich einen Außerhaustermin.

Das ist an und für sich sehr schön.

Aber nicht früh um neun.

Da sinke ich dieser Tage für gewöhnlich nach meinem Frühsport auf meinen heimischen Bürohocker und schalte schnell den Computer an.

Wenn ich aber daran denke, dass ich um neun schon irgendwo sein muss, was ja gleichbedeutend damit ist, dass ich eine halbe Stunde früher aufstehen muss, zumindest wenn ich meinen Frühsport auch machen möchte, erscheine ich mir sofort wesentlich weniger motiviert, mich gut zu fühlen.

Aber vielleicht sollte ich mich einfach daran gewöhnen, etwas früher aufzustehen. Weil mir ja sonst mein Frühsport fehlt, wenn ich ins Irrenhaus fahren muss.

Früh mache ich zwar auch nichts anderes als das, was ich am Abend mache, nämlich Musik laut und losgetanzt, aber es würde mir mittlerweile fehlen. Und diese morgendliche Einheit steigert die Lebensfreude.

Ich brauche den Tee also wirklich nicht mehr.

Ich brauche den Platz.

Aber das hatte ich ja schon eingangs herausgearbeitet.

Falls also jemand Bedarf an Lebensfreude hat…