Hm. Was war denn heut bei Findigs los?
Eine ganze Menge. Vor allem viele Leute auf dem Flur in den frühen Morgenstunden.
Ansonsten aber das Übliche.
Ruslana war wieder mal sauer. Weil niemand ihre Arbeit machen wollte. Erst fragte sie mich, ob ich eine Mitteilung über eine erhöhte Miete an den Geldgeber herausschicken würde. Aber ich antwortete ihr, dass das bisher immer die Pädagogen gemacht haben, aber, wie das aktuell läuft, müsste ja auch irgendwo in der Arbeitsanweisung verschriftlicht sein.
Daraufhin befragte sie Kathrin, die ihr riet, in die jeweilige Prozessbeschreibung zu gucken.
Weil ihr das aber auch zu kompliziert erschien, interviewte sie schließlich Claudia, die ihr dann die Prozessbeschreibung öffnete. Da stand Mietenbuchhaltung (namentlich also Ruslana) unter der Rubrik Zuständigkeit.
Tja…
Lautes Türenschlagen war die Folge. Aber was kann ich dafür, wenn es nun mal ihre Aufgabe ist und nicht meine? Und wieso rennt sie nacheinander zu drei Leuten? Ohne Nummer zwei und drei der Befragten darüber aufzuklären, dass sie schon an anderer Stelle eine Antwort erhalten hatte.
Ich kann so nicht arbeiten!
Keiner kann so arbeiten.
Und man kann nichts dagegen tun.
Doch, drohen.
Mit Kündigung oder Schwangerschaft oder zumindest der Anschaffung eines Hörschutzes. Der, wie wir wissen, auch nichts bringt, weil sie dann solange vor einem herumhampelt, bis man reagieren muss.
Na ja, zwei gute Dinge brachte der Tag. Gestern Abend habe ich endlich dieses schreckliche Buch ausgelesen. Darin ging es darum, dass ein Serientäter den ehemaligen Geliebten eines Frauenhelden den Zeigefinger abschnitt, nachdem er diese mit einem Kissen erstickt hatte. Alle Indizien wiesen stets auf den Helden hin, aber der hatte zum Tatzeitpunkt immer einen Blackout.
Außerdem wurde er im Roman recht schnell geläutert, denn er fand die eine Frau, auf die er sich nun festlegen wollte. Die am Ende auch noch entführt wurde, und dann stellte sich heraus, dass der Mörder der Sohn des Helden war, von dem er bislang gar nichts wusste, der jedoch während des finalen Polizeieinsatzes durch eine Kugel des ermittelnden Beamten verstarb.
Im Epilog gab es dann noch Flitterwochen, und am Ende war die Dame schwanger, und alles war wunderbar.
Trashig-romantisch-kitscherotisch.
Das Buch wanderte sogleich in die Zu-verschenken-Kiste. Es war das dritte in Folge, das derart aufgebaut war, und irgendeine Figur hatte immer goldbraune Augen. Das reicht jetzt. Der nächste Krimi, den ich gerade am Wickel habe, scheint all diese Eigenschaften dankenswerterweise nicht zu vereinen, aber ich komme auch nur auf meinem Arbeitsweg hinzu zum Lesen, zurückzu fahre ich mit Anne, jedenfalls meistens, und der habe ich auch von dem zweiten positiven Aspekt des Tages erzählt.
Mein Lieblingsmann lebt nämlich noch. Dem hatte ich vor elf Tagen geschrieben, aber er hat nicht geantwortet. Und er antwortet sonst immer! Heute früh beim Zähneputzen fiel mir dann aber ein, warum, denn heute hätte ein Termin angestanden, während dem er unmöglich sein Emailfach bewachen kann.
Prompt hat er mir geantwortet.
Ich hätte viel eher meine Zähne putzen sollen!
Das heißt ich habe das natürlich auch in den vergangenen Tagen mindestens zweimal am Tag gemacht, aber nie dabei an ihn gedacht.
Jetzt werde ich wahrscheinlich immer beim Zähneputzen an ihn denken.
Darüber habe ich mich jedenfalls sehr gefreut, und ich war auch erleichtert, weil ich mir schon Sorgen gemacht habe, weil sich zu allem Überfluss auch noch das Guthaben auf meinem Telefon spontan in nichts aufgelöst hatte, so dass ich nicht mal mehr telefonieren konnte (weil ich ja auch kein Festnetz habe), und dann kriege ich bald Besuch, nämlich am kommenden Sonntag.
Danach werde ich eine Kiste und drei Säcke weniger in meinem Wohnzimmer herumzustehen haben.
Und wenn ich richtig gut bin, gehe ich bis dahin auch nochmal meinen Kleiderschrank durch. Ich habe jetzt zwar säckeweise Kleidung an Bedürftige gegeben, aber die Türen schließen immer noch nur nach expliziter Anwendung körperlicher Gewalt.
Außerdem habe ich heute einen Zwanzigprozentgutschein eines Textilienhändlers bekommen, da muss ich auch noch hin.
Irgendwas gibt es ja immer, und ich werde es wohl nie lernen.