Was mache ich nur mit dem Rest?

Ich habe heute eine Rechnung erhalten. Von Traumbeere. Das ist der Lieferant mit dem Coronastoff, auf den ich so sehnsüchtig warte. Und ich überlege jetzt schon, für welchen gewitzten Zeitgenossen ich den Rest wozu verarbeiten werde.

Man muss sich ja auch mal mit seinen eigenen Freizeitaktivitäten auseinandersetzen. Nicht immer nur mit denen der anderen.

Aber immerhin hatte ich zwischen sechzehn Uhr fünfzehn und achtzehn Uhr zwanzig etwas Ruhe. Die ich teilweise auf einem Superspreadingevent verbrachte. Also, bei Aldi. Lebensmittel kaufen. Und Geschenkpapier mit Regenbogenmuster. Weil ich ja kein Geschenkpapier habe. Massenhaft habe ich! Aber alles für Weihnachten. Und ich bin gerade sehr beim Thema Regenbogen, da passt das schon. Muss ja auch meinen vernähten Rest aus dem Coronastoff irgendwie einpacken. Ich habe zwar nach wie vor keine Ahnung, was es werden wird, (wie sollte ich in den vergangenen fünf Minuten auch zu einer Idee gekommen sein – ich schreibe gerade) aber immerhin schon einen Plan, irgendwas zu machen. Für wen auch immer.

Aber ich kenne ja genug Leute. Deswegen war ich ja über die gut zweistündige Ruhephase auch fast ein wenig verwundert. Aber dann… ich lag gerade sehr gemütlich vor meiner SOKO, da piepste schon die Erste. Ob sie mich mal anrufen kann, sie müsste mir was erzählen.

Claudia. Vor lauter Spannung hätte ich zwar fast den Anschluss an meine Rentnersendung verpasst, aber ich hielt sie dennoch bis nach der Ausstrahlung hin. Nur, dass Claudia just in den Augenblick, in dem ich anrief, ihr Essen geliefert bekam. Ich habe dann in der Zwischenzeit bis zu ihrem neuerlichen Rückruf eine Zwiebel geschnitten und Jagdwurstwürfel gemeißelt.

Und eigentlich dachte ich, Claudia wollte mir erzählen, dass sie sich heute ganz großspurig von der Welt verabschiedet hatte, um zur Betriebsratssitzung zu gehen. Weil diese erst nächste Woche stattfindet, saß sie dann ziemlich allein im Zoomraum.

Aber das war es gar nicht: Sie hatte einfach nur vergessen, den Blumenstrauß für Kayra zu bestellen. Dafür brauchte sie jetzt meine Hilfe. Fleurop und Blume 2000 hatten heute nicht das passende Angebot, deshalb lockte sie mich zu einem Blumenlieferdienst, der auf den Namen FloraPrima hört.

FloraPrima finde ich persönlich ganz prima. In erster Linie ist das natürlich phonetisch begründet. Außerdem gibt es da sogar gratis passende Vasen zur Lieferung dazu. Ein Umstand, der mich sehr begeisterte und gleich gar nicht mehr loslassen wollte.

Weil man ja nie die passende Vase zur Hand hat, wenn man denn mal Blumen erhält. Was bei mir maximal zweimal im Jahr der Fall ist, und trotzdem habe ich nie das wirklich passende Gefäß. Was machen nur die Leute, die wöchentlich von ihren Liebsten einen frischen Strauß bekommen? Haben die einfach mehr Vasen als ich? Weil sie noch seltener ausmisten als ich, zum Beispiel? Was sie ja nicht tun müssen, weil sie jede Woche eine brauchen. Ich weiß es nicht. Obwohl ich so jemanden kenne.

Aber wie gesagt, kenne ich ja viele Leute. Mein Besuch vom Sonnabend, zum Beispiel, den kannte ich vorher auch schon.

Es war sehr interessant. Weil wir uns über unsere anderweitigen musikalischen Vorlieben ausgetauscht und so sehr viel Neues kennengelernt haben. Das Problem ist nur: Der anwesende Kollege kann sich keine Namen merken. Und mit der Aussprache des Englischen hat er es auch nicht so. Es war also teilweise ein wahres Rätselraten, welche Band er nun gerade meint. Death wird ja nicht wie Died ausgesprochen.

Aber mittlerweile weiß ich, was er meinte. Man muss halt ein bisschen probieren. Ich kenne ja auch jemanden, der ganze Sätze in einer Silbe runternuschelt, und den finde ich trotzdem ganz toll. War aber nicht der Besuch von Sonnabend. Leider. Wo der Nuschler doch direkt bei meiner Mutter durchgehen würde, weil er unter meine Altersschmerzgrenze fällt. Also, zumindest die, die meine Mutter festgelegt hat. Mir ist Alter ja nicht sooooo wichtig. Nur ein bisschen.

Aber erstmal bin ich ganz freudig erregt, dass ich Claudia beim Aussuchen eines Blumenstraußes so gut helfen konnte. Wobei ich ja das Modell Blütenglück gewählt hätte. Aber weil der Strauß nicht für mich war, haben wir uns gegenseitig von Ambiente überzeugt. Und dann noch anderthalb Stunden weiter getagt.

Zwischendurch rief Anne an.

Ich telefoniere! Schrieb ich ihr parallel per WhatsApp.

Das ist ja keine Erholung! Bemängelte sie, die sie am Abend um halb neun ein Foto meiner Mitschriften aus einem Teammeeting im Februar haben wollte, weil sie gerade das dazugehörige Protokoll, das ihr Sohn schreiben sollte, schrieb.

Zwei Minuten später rief noch Ruslana an. Sie wollte wahrscheinlich eine gemeinsame Zigarette zum Feierabend rauchen. Der bei mir zwar schon über vier Stunden zurücklag, aber das scheint Ruslana nicht so zu stören. Na ja… scheint… ich weiß zufällig ganz genau, dass es sie überhaupt nicht beeindruckt.

Denken die alle, ich habe in meiner Freizeit nichts zu tun?!

Ich habe Hobbys!

Claudia lasse ich mir geradeso noch gefallen, denn wir haben ja etwas Schönes gemacht, aber drei Kolleginnen nach acht Uhr abends ist echt eine Nummer zu viel. Beziehungsweise eigentlich zwei.

Und ich wundere mich, dass ich in der Woche nicht ordentlich schlafen kann. Sobald mir nämlich abends beim Einschlafen bewusst wird, dass ich am kommenden Tag arbeiten muss, klappt es überhaupt nicht mehr so gut mit der Nachtruhe. Am Wochenende geht es ja meistens, aber da stört mich auch meistens kein Wecker.

Allein dieses Geräusch – und es ist ganz egal, wie musikalisch hochwertig es auch ist – kann einem schon den ganzen Tag versauen. Und dann erst diese Unruhe, der Blutdruckanstieg, der Stress dahinter…

Im Grunde brauche ich das alles gar nicht.

Aber ich muss aufstehen, denn ich bin nicht mehr jung, und ich brauche das Geld.

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