Das hätte es bei uns zu Hause nicht gegeben

Ich hatte mich schon gewundert. Katja sprach, sie wolle am jährlichen gemeinsamen Backtag nur vier Sorten Plätzchen mit mir backen.

Das habe ich noch irgendwie hingenommen, ich muss ja morgen auch noch was anderes machen. Aber gestern hat sie mir verraten, woher diese plötzliche Askese kam. Weil ihre Mutter gesagt hat, wir haben die letzten Jahre zu viel gebacken.

Und deshalb sollte jetzt mein Umfeld darben.

Würde mir im Traum nicht einfallen. Und man weiß ja, dass mir im Traum sehr viel einfällt.

Nun liegen dem Ausmaß des Elends zwei Umstände zugrunde. Erstens: Ich verschenke ungefähr neunzig Prozent meiner Kekse, und ich habe sehr viele Leute auf meiner Liste. Zweitens komme ich aus einer Familie, in der emotionale Nähe schon immer mit Essen assoziiert wurde.

Ich weiß, dass das nicht richtig ist, aber bei uns gab es nie nur einen mageren Kuchen auf der Geburtstagstafel. Höchstens mal, wenn keiner zum Geburtstag kam. Ansonsten glichen die Familienfeiern eher Gelagen.

Und deshalb brauche ich meine Mengen an Keksen. Davon werde ich nicht abweichen. Und Katja kann ja ihrer Mutter in diesem Jahr einfach ein paar weniger schenken. Nicht, dass sie wieder die Hälfte wegschmeißt.

Die kleine Künstlerin in mir ist fast ein wenig beleidigt.

Und, Entschuldigung, wenn mein Selbstbewusstsein für Außenstehende jetzt etwas übersteigert erscheint, aber die Kekse, die Katja und ich da backen, sind verdammt gut. Die schmeißt man nicht weg.

So viel dazu. Ich bin mittlerweile im Wochenende angekommen und freue mich sehr. Gut, ich habe etwas Wichtiges vergessen. Ich sollte nämlich meiner Chefin ein paar Listen schicken, weil wir heute alle unsere Computer herunterfahren mussten, weil der heilige Elektrolurch am Sonntag irgendwas machen will, und jetzt kommen wir beide nicht mehr ran.

Bleibt nur zu hoffen, dass am Montag wieder alles funktioniert. Im Moment bin ich diesbezüglich noch voller Zweifel.

Dabei habe ich schon dem anderen Elektrolurch Geschenke in meinem Büro hinterlegt. Meine alten Ledervorräte, die mir Renate einst ungefragt übergeholfen hatte. Und die ich definitiv nicht brauche. In den Lederrock werde ich definitiv nie reinkommen, und mir fällt auch gerade nichts ein, was ich aus einer braunen Wildlederweste in XXXXL machen sollte.

Der Kollege jedoch hat bestimmt eine Verwendung dafür. Der macht beeindruckende Arbeiten aus Leder. Als er mir mal die Handtasche gezeigt hat, die er für seine Ehefrau angefertigt hatte, da war ich ganz eifersüchtig auf diese Frau. Obwohl der Mann mein Vater sein könnte.

Aber ich habe jetzt mal wirklich Wochenende, und heute bin ich sogar um jegliche Telefonate mit Ruslana herumgekommen.

Ein gelungenes Zeichen für ein gutes Wochenende.

Oder andersrum.

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